Corona im Mehrfamilienhaus: Antworten auf die wichtigsten Fragen

Das Wichtigste in Kürze
- Vermieter sind nicht verpflichtet besondere Coronaschutzvorkehrungen im Mietshaus zu treffen.
- Quarantäneanordnungen kann der Vermieter nicht treffen. Das ist Sache des Gesundheitsamtes.
- Wer selbst infiziert ist, muss das weder seinem Vermieter noch den Nachbarn mitteilen.
- Die allgemeinen AHA-Regeln sollten eingehalten werden.
Was sollten Mieter und Vermieter während Corona im Mehrfamilienhaus beachten?
Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Zusammenleben im Mehrfamilienhaus während Corona geben der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV), Reiner Wild und die Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Mieterbundes (DMB) Dr. Jutta Hartmann.
Haben Mieter Anspruch auf Schutzvorkehrungen gegen Corona im Mehrfamilienhaus?
In der Regel nicht. Der Vermieter ist laut Reiner Wild, dem Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, nicht verpflichtet, Treppenhaus und Gemeinschaftsräume außerordentlich zu reinigen und zu desinfizieren. Und auch wenn Eingangsbereiche, Treppenhäuser oder Kellerzugänge in der Regel sehr eng sind: Auf bauliche Veränderungen oder organisatorische Maßnahmen des Vermieters, die einen Mindestabstand von 1,5 bis 2 Meter sicherstellen sollen, haben Mieter wohl keinen Anspruch. „Einfach, weil sie in der Regel nicht durchführbar sind“, so Wild. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein Mieter im Mietshaus an Corona erkrankt und unter Quarantäne steht. Denn: „Das allgemeine Infektionsrisiko ist als Lebensrisiko hinzunehmen.“
Umstritten sei hingegen, ob der Vermieter nicht zwingend erforderliche Gemeinschaftsflächen, wie zum Beispiel einen Kinderspielplatz oder den Innenhof, für den Aufenthalt sperren dürfe. „Man wird dies auf jeden Fall bejahen müssen, wenn Bewohner auf diesen Flächen die Abstandsregeln nicht einhalten“, sagt der Mietexperte. Aber: Wenn Flächen im Mietshaus wegen Corona gesperrt werden, die Mieter laut Mietvertrag nutzen dürfen – etwa Innenhof, Kinderspielplatz oder Gemeinschaftsgarten –, so kann dies nach Auffassung des BMV für Mieter ein Grund zur Mietminderung sein.
Darf der Vermieter eigene Regeln für die Zeit von Corona aufstellen?
Zur Anordnung von Quarantäne und weiteren gesundheitlichen Schutzmaßnahmen ist laut dem Eigentümerverein Haus und Grund Hanau nur das örtliche Gesundheitsamt und nicht der Vermieter berechtigt und verpflichtet.
Allerdings kann der Vermieter zur Absicherung der bestehenden Coronaregeln nach Auffassung des Deutschen Mieterbundes (DMB) Nutzungsregeln einführen. „Das Nutzen der Gemeinschaftsflächen ließe sich beispielsweise durch die Hausordnung regeln“, sagt Dr. Jutta Hartmann, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DMB. Mögliche Vorschriften in der Hausordnung seien zum Beispiel:
- In den Gemeinschaftsräumen und -flächen soll der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden.
- Je nach Größe der Waschküche soll sich darin nur eine bestimmte Anzahl an Personen auf einmal aufhalten.
Wirksam werde dies nur, wenn die Hausordnung ausdrücklich Bestandteil des Mietvertrags ist und der Vermieter die neue Hausordnung per Aushang bekanntgibt.
In der Hausordnung für die Zeit der Coronapandemie darf der Vermieter allerdings nicht frei schalten und walten. „Die Hausordnung darf nur allgemeine Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag konkretisieren“, sagt Hartmann. Zu weit ginge es, wenn strikt geregelt würde, welcher Mieter die Räume wann nutzen darf. Auch dass Mieter im Stil einer Coronakehrwoche verpflichtet werden könnten, den Hausflur regelmäßig zu desinfizieren, schätzt die Expertin des DMB eher als unzulässig ein. Bislang gibt es hierzu allerdings noch keine höchstrichterlichen Urteile.
Welche Schutzmaßnahmen für Corona kann die Hausgemeinschaft eines Mehrfamilienhauses treffen?
Mieter können zwar nicht dazu verpflichtet werden Treppenhaus, Waschküche und Co. regelmäßig zu desinfizieren. Generell hält Hartmann vom Deutschen Mieterbund es aber für empfehlenswert, wenn die Mieter eines Mietshauses mit ihrer Hausgemeinschaft darüber reden, freiwillig Schutzroutinen während Corona einzuführen, „zum Beispiel, dass jeder Mieter in der eigenen Etage regelmäßig Türgriffe und Handläufe desinfiziert.“
Wie sollten Begegnungen in Treppenhaus und Flur während Corona ablaufen?
Nachbarn sollten stets einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Wenn ein Nachbar im Treppenhaus entgegenkommt, bleiben Mieter am besten im Zwischengeschoss stehen, damit der Nachbar mit ausreichend Abstand vorbeigehen kann. Zur Begrüßung reicht es in der Coronakrise auch, ihm im Vorübergehen freundlich zuzunicken.
Sollten Mieter während Corona noch Fahrstuhl fahren?
Die meisten Fahrstühle sind so klein, dass die Benutzer darin dicht zusammenstehen. Dadurch ist eine Infektion mit dem Coronavirus einfacher möglich. Hinzu kommt, dass sich die Viren auch auf den Fahrstuhlknöpfen befinden können und dort eine Zeit lang überleben. Durch das Berühren der Knöpfe ist so eine Schmierinfektion möglich. Deshalb sollten Mieter zum Schutz vor Corona nach Möglichkeit den Fahrstuhl meiden und erst recht nicht einsteigen, wenn sich bereits eine weitere Person darin befindet.
Sollte man Türklinken im Mehrfamilienhaus noch anfassen?
Besser nicht. Wenn möglich, betätigen Mieter Türklinken nur mit Handschuhen oder dem Ärmel. Um sich vor einer Übertragung des Coronavirus im Mehrfamilienhaus über kontaminierte Oberflächen zu schützen, sollten Mieter es vermeiden, sich nach dem Betätigen der Türklinke ins Gesicht zu fassen und umgehend gründlich die Hände waschen.
Können Mieter die gemeinschaftliche Waschküche trotz Corona nutzen?
„In der Regel ja“, sagt Jutta Hartmann. Dabei sollten Mieter jedoch einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten. Gelten außerdem weitere Verhaltensregeln, etwa durch die Hausordnung, so müssen auch diese in der Regel eingehalten werden – zum Beispiel, dass nur eine bestimmte Anzahl an Personen auf einmal in der Waschküche sein darf.
Wichtig außerdem: Wenn die Waschmaschine von mehreren Personen genutzt wird, sollten Knöpfe und Griffe nach Möglichkeit nur mit Handschuhen betätigt werden. Zum Schutz vor einer möglichen Infektion ist es ratsam sich danach gründlich die Hände zu waschen.
Konkrete Hygienemaßnahmen für den Haushalt gibt es nicht. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt allerdings Tipps dazu, wie die Wäsche keimfrei wird:
- Handtücher, Waschlappen, Bettwäsche und Unterwäsche sowie Spüllappen und Putztücher sollten bei mindestens 60 Grad Celsius und mit einem bleichmittelhaltigen Vollwaschmittel gewaschen werden.
- Für normale Oberbekleidungen wie Pullover, T-Shirts und Hosen reichen in der Regel niedrigere Temperaturen.
- Wichtig: Waschmaschine regelmäßig reinigen. Denn in dem Gerät sammeln sich auch Keime. Beim Privatgebrauch rät die BZgA, die Waschmaschine einmal die Woche bei mindestens 60 Grad laufen zu lassen, damit sich kein Biofilm mit angesiedelten Mikroorganismen bildet.
Im Mehrfamilienhaus könnte es daher sinnvoll sein, dass sich die Mieter der Hausgemeinschaft absprechen und zum Beispiel einen Dokumentationszettel aufhängen, wann und wie oft bei wie viel Grad die Wäsche gewaschen wurde.
Corona und Quarantäne im Mehrfamilienhaus
Muss ein Mehrfamilienhaus in Quarantäne, wenn ein Nachbar Corona hat?
Eine allgemeine Quarantäne für ein ganzes Mietshaus wird in der Regel nicht verhängt, wenn eine einzelne Person mit Corona infiziert ist. „Das hängt aber von den Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes ab“, meint Hartmann vom Deutschen Mieterbund.
Muss ich in Quarantäne, wenn ich Kontakt zu einem an Corona erkrankten Nachbarn hatte?
Nur weil ein Nachbar positiv getestet wurde, heißt das nicht zwangsläufig, dass man selbst in häusliche Isolation muss. Betroffene Mieter sollten sich in diesem Fall telefonisch bei ihrem Hausarzt, dem Gesundheitsamt oder dem ärztlichen Bereitschaftsdienst (unter der 116 117) melden. Die Entscheidung über die Isolation liegt beim Gesundheitsamt, das sich nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts richtet.
Wer keinen direkten Kontakt zu dem Nachbarn hatte, der positiv auf Corona oder eine Mutante getestet wurde, hat ein geringeres Ansteckungsrisiko. Ausgeschlossen ist eine Infektion aber dennoch nicht. Betroffene sollten im Zweifel immer vorsichtig sein und auf eventuelle Symptome achten.
Wenn mein Nachbar an Corona erkrankt ist, darf ich die Miete mindern?
Nein. Die Coronaerkrankung eines Nachbarn stellt laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) keinen Mangel der Mietsache dar und ist somit kein Grund zur Mietminderung.
Wird allerdings die Nutzung der Mietsache durch Engpässe bei der Versorgung mit Energie oder Wasser beeinträchtigt, so kann dies laut DMB durchaus ein Grund zur Mietminderung sein. „Darauf, ob der Vermieter den Versorgungsengpass vertreten muss, kommt es bei der Minderung nicht an“, sagt Hartmann vom DMB.
Darf ich einen kranken Nachbarn fragen, ob er Corona hat?
Nur weil der Nachbar trocken hustet oder andere Symptome zeigt, die auf eine Infektion hindeuten könnten, muss er die anderen Mieter nicht darüber informieren. Auf die Frage danach, ob er mit Corona infiziert ist, muss er auch nicht antworten.
Im Gegensatz dazu besteht eine Informationspflicht für Coronainfizierte zum Beispiel auf der Arbeit, wenn eine Ansteckung möglich ist oder war. Sprich: Wenn in den vorangegangenen 14 Tagen ein direkter Kontakt bestand. Dann informiert das Gesundheitsamt die entsprechenden Personen, die womöglich ebenfalls mit dem Coronavirus infiziert sein könnten.
Müssen Nachbarn oder Vermieter über eine Infektion mit Corona informiert werden?
Laut dem Berliner Mieterverein muss eine Coronainfektion in der Regel nicht dem Vermieter gemeldet werden und auch nicht den Nachbarn. Kann wegen des Coronafalles eine Gefährdung der Nachbarn, Dienstleister oder Besucher des Mietshauses nicht ausgeschlossen werden, müssen Mieter den Vermieter und dieser eventuell andere Mieter entsprechend informieren.
Darüberhinausgehende Schutzpflichten, wie zum Beispiel die Desinfektion von Gemeinschaftsflächen, bestehen laut BMV höchstens im Einzelfall.
Häusliche Quarantäne: Was dürfen Betroffene noch tun?
Quarantäne bedeutet, dass der Betroffene vollständig in der Wohnung bleibt und für mindestens zehn Tage jeglichen Kontakt meidet. Das heißt: Er darf nicht zum Briefkasten gehen, keinen Müll herausbringen und keine Wäsche in die Waschküche tragen. Auch darf er nicht in den Gemeinschaftsgarten des Mehrfamilienhauses oder auf den gemeinschaftlich geteilten Balkon mit den Nachbarn gehen. Das gilt insbesondere bei behördlich angeordneter Quarantäne.
Betroffene sollten ausschließlich durch die geschlossene Wohnungstür mit den Nachbarn kommunizieren, falls sie klingeln. Falls der Nachbar Pakete angenommen hat, können diese vor der Wohnungstür des Empfängers abgestellt werden, um direkten Kontakt zu vermeiden. Mietern, die ihre Wäsche nur in der gemeinschaftlichen Waschküche waschen können, rät Hartmann: „Sie können auch einen ihrer Nachbarn darum bitten, dass er für sie die Wäsche in der Waschküche macht.“ Der Erkrankte und auch der Nachbar sollten dabei darauf achten, das Infektionsrisiko zu minimieren und die Wäsche zum Beispiel nur mit Handschuhen anfassen.
Wenn der Nachbar unter Quarantäne steht, wie können Mieter helfen?
Helfen können Mieter nur mit Abstand, indem sie zum Beispiel für die betroffenen Nachbarn einkaufen und die Einkäufe vor die Tür stellen. Auch können sie das Leeren der Briefkästen übernehmen. Dafür sollten sie sich von ihrem Nachbarn den Briefkastenschlüssel geben lassen und ihn direkt nach der kontaktlosen Übergabe desinfizieren. Die Post sollten sie dann ebenfalls vor die Tür legen.
Den Müll sollten sie allerdings nicht für ihre Nachbarn herausbringen. Denn durch die darin enthaltenen Coronaviren ist eine Ansteckung möglich. Der infizierte Nachbar kann den Müll stattdessen in fest verschlossenen Säcken in der Wohnung oder auf dem Balkon oder der Terrasse lagern.
Hier gibt es die Antworten auf weitere Fragen wie…
Regine Curth18.03.2022